Zum Jahresende wurden natürlich im Kreise der Liebsten ein paar ordentliche Flaschen geöffnet. Dieses Jahr war es eine wirklich wilde Mischung, die für viel Begeisterung bei der Familie und Freunden sorgte. Kunlinarischer Höhepunkt war ein echter Kapaun, der von unserem Freund Pierre Clavel als kleines Weihnachtspräsent kam.
2002 Philipponnat „Clos des Goisses“ Das ist großes Champagner-Kino! Tiefgründiger, komplexer und herrlich fruchtiger Duft. Steinobst, Honig, getoastetes Brot, Brioche und reichlich Mineralien. Feinste Perlage, intensive, ja fast kraftvoll ausgelegte Frucht; wiederum Honig und vor allem Mineralien. Es ist auch hier dieser beeindruckende mineralische Kick, der diesem Champagner aus großem Jahrgang zu seiner überragenden Klasse verhilft. Enorm lang und komplex, dabei frisch und fast süß in seiner rassigen Frucht. Da werde selbst ich, der jahrelang um Champagner einen Bogen gemacht habe, zum Süchtigen. 96 Punkte
zum Kapaun musste es natürlich Wein von Pierr Clavel sein, also wurden zwei reife Jahrgänge seines „Copa Santa“ geköpft und standesgemäß dekantiert.
1996 Pierre Clavel „Copa Santa“ nicht unbedingt der größte Jahrgang im Languedoc, und doch präsentierte sich der 1996er Copa Santa als Erwachsenenwein voll Finesse und Reife. Leder, Garrigue, Provencekräuter, reife Pflaumen, Brombeermarmelade. Feinkörnige Tannine verschmelzen mit der reifen Frucht zu einem burgundischen Weinerlebnis, das eindrucksvoll zeigt, dass auch das Languedoc lagerfähige Weine präsentieren kann. Keine Bombe, aber ein auf den Punkt gereifter Rotwein, der in der Karaffe sich gut entwickelte. 91 Punkte
1998 Pierre Clavel „Copa Santa“ In der Farbe schon dichter und konzentrierter als der 96er. 1998 war halt schon ein anderes Kaliber. Reife, süß-würzige Nase, Brombeere, Pflaume, Bitterschokolade, ein Hauch Tabak und provencalische Kräuter. Reif, süß und dicht am Gaumen, saftig, frisch und mit feinkörnigen Tanninen, die sich der Frucht unterordnen. Lebendig Säure, die für Frische sorgt und der reifen Frucht Paroli bietet, so dass er komplex am Gaumen klebt. Feiner mineralischer Druck, im Vordergrund steht aber eindeutig die sexy Frucht. Kann sicher noch 2-3 Jahre legern, hat aber jetzt sicher schon seinen Höhepunkt erreicht. 93 Punkte
1989 Domaine de Fonsalette – Syrah Die Flasche musste weg, war der Korken doch nicht ganz in Ordnung, so dass die Flasche etwas „suppte“. Tiefdunkle Farbe, enorm dicht – der Wein ist schließlich 23 Jahre alt! Aber keine Spur von Altersnoten, im Gegenteil, die Frucht ist noch jugendlich und irrsinnig konzentriert und komplex. Schwarzkirsche, Cassis, Brombeeren, kühles Gestein, Valrhonaschokolade, Kräuter, schwarze Oliven etc….Immer wieder ist es auch für einen abgebrühten Weinhändler, der schon alles im Glas hatte, ein bewegender Moment, einen Wein von Jacques Reynaud oder seinem Neffen Emanuel trinken zu dürfen, sind diese Weine doch a.) sehr selten und b.) von einer zeitlosen Schönheit wie nur ganz wenige auf der Welt. Ein großer bewegender Moment, selbst für mich, der sich aber gerne als großer Fan der Reynaudschen-Weine outet. Es muss ja nicht immer gleich Fonsalette oder Rayas sein, Côtes du Rhône von Château des Tours, Emanuel Wohnsitz, ist auch immer ein echter Genuss – und das zu einem deutlich niedrigeren Preis. 95 Punkte
1990 Clos Saint Jean Châteauneuf-du-Pape Das waren noch Zeiten, als es in Châteauneuf üblich war, nur einen Wein in die Flasche zu bringen! 1990 gab es noch keinen „Deus Ex Machina“ oder „Combe des Fous“, Vater Maurel hatte noch die Zügel in der Hand und machte seinen Wein ohne Hilfe von Philippe Cambie, dem Mastermind hinter dem sagenhaften Aufstieg von Clos Saint Jean. Der 1990er ist ein großer, klassischer Châteauneuf der alten Schule voll tiefer Frucht und reichlich Power, herrlicher Old-Stile, wie man ihn heute nicht mehr so oft ins Glas akriegt. Satt, warm und lang wie ein Tarantino-Film. Auf den Punkt gereift, aber sicher noch den Atem für weitere 4-5 Jahre, oder mehr. Große Handwerkskunst ohne Allüren, sicher der größte Wein, den wir Weihnachten geknackt haben. Macht feuchte Augen! 97 Punkte