abends in der Welthauptstadt des Weines

über Bordeaux und seine Weine kann man ja denken wie man will. Dass viele Weine vollkommen überteuert sind, dass viele berühmte Weingüter dem „normalen“ Weintouristen ihre Pforten nicht öffnen, dass die bekannten Châteaux Großkonzernen gehören und herausgeputzt sind wie Märchenschlösser – geschenkt, stimmt alles! Trotzdem gibt es auch in nahezu allen Anbaugebieten des Bordelais Winzer, die wunderbare Weine produzieren zu Preisen, die für Jedermann bezahlbar sind. Viele dieser Weine findet man in der Gastronomieszene der Gironde-Stadt, die lebhaft und nicht abgehoben ist. Man muss nicht zwangsläufig in Michelin-bewährte Läden gehen, um abends nach einem anstrengenden Tag am Meer oder im Médoc kulinarisch den Tag ausklingen zu lassen.

Am Tag meiner Ankunft, vor dem großen Theater der Primeurverkostungen, blieb nur wenig Zeit, sich zu stärken. Nur wenige Minuten Fußweg vom Hotel entfernt an der Place de Gambetta findet man eine bordelaiser Institution, die mit Lederbänken und Spiegeln eine Brasserie wie aus dem Bilderbuch ist. Le Régent bietet klassische Bistrogerichte und eine sensationell preisgünstige Weinkarte, auf der sich Trouvaillen wie Château Poujeaux 2006 zu sagenhaft günstigen 27,00 € pro Flasche finden.

Unter Weinhändlern sehr beliebt und jeden Abend brechend voll ist die Brasserie Bordelaise mit ihrer riesigen Weinauswahl und einer blitzsauberen, traditionellen Küche. Côte de Boeuf, Austern aus Arcachon, Hühner aus den Landes und eine großartige Entenblutwurst sorgen für wohlige Sättigung bei Weinnasen aus aller Welt. Unbedingt reservieren!

Eine echte Entdeckung und ein Tipp von einem befreundeten Kollen: Verretigo, ein kleines Restaurant/Weinbar nur einen Steinwurf vom Mériadeck-Einkaufszentrum entfernt. Sensationelle Weinkarte, wenige Gerichte, viel Fleisch, alles gekonnt präsentiert von drei weinverrückten Typen, die auch ihre letzten Zigaretten mit uns geteilt haben. Die Verkostungen der 20010er hing mir noch in den Knochen, und so war dieser letzte Abend im Verretigo eine Streicheleinheit für den Gaumen und die Seele.

eine Zusammenfassung der Primeurverkostungen des Jahrgangs 2010 folgt. Eins ist klar: vor allem die Weine des Médocs müssen sich nicht verstecken hinter dem hochgelobten 2009er.

habe die Ehre!

Karl Richter

Hinterlasse einen Kommentar