Zeit lassen!

 

die Weine der südlichen Rhône, insbesondere natürlich die aus Châteauneuf-du-Pape, gehören zum Besten, was man für Geld kaufen kann. Punkt! Ob hochwertige Côtes du Rhône, Gigondas, Ventoux, Vacqueyras oder eben Châteauneuf, die Quintessenz des Rotweins findet man im Süden Frankreichs, im Dunstkreis der alten Papststadt Avignon.

Das Tolle an diesen Weinen ist, dass sie bereits in ihrer Jugend verdammt viel Spaß machen und ihre Klasse bereits in vorpubertärer Zeit entfalten.  Andererseits gibt es dort unten viele Weine, die erst nach angemessener Reifezeit im Keller zu Hochform auflaufen. Das sind dann meist Weine von Winzern, die, wie man so schön sagt, „traditionell“ arbeiten, was nichts anderes heißt, dass man mit wenig Schickschnack auskommt und im Keller so arbeitet, wie es bereits die Vorfahren getan haben.

Zwei wirklich grandiose Weine aus Châteauneuf habe ich in letzter Zeit getrunken. Einer war sicher keine große Überraschung, der andere umso mehr.

 

1998 Domaine du Pégau „Cuvée Réservée“ Châteauneuf-du-Pape

Ja, ja, das ist jetzt sicher nicht die Neuigkeit des Jahres, aber die Größe dieses Weines soll hier ganz einfach noch einmal gewürdigt werden und Ansporn sein für diejenigen, die zu wenig Geduld haben bei Châteauneufs dieses Kalibers.

Paul und Laurence Féraud haben in diesem großen Jahrgang einen Hammerwein in die Flasche gebracht, der mit jeder Flasche begeistert.

Sehr dunkle Farbe für eine „Cuvée Réservée“, tiefgründiger, berauschender Duft nach reifen Brombeeren, Pflaume, Trüffel, Unterholz, Leder, mit dem typischen „Pégau-Stinker“. Alles sehr ausladend, braucht viel Platz im Glas. Dichte, süße Frucht, satte „dunkle“ Aromen, reife Beeren, Garrigue, alles mögliche, wonach es in der Provence eben riecht. Der Wein hat Power ohne Ende, ist aber nicht „zu viel des Guten“, sondern auch ausgewogen und auch rassig. Irrsinnig lang und mineralisch am Gaumen. Großes Châteauneuf-Kino und eine Bestätigung für die Langstreckenqualität von Pégau.

96 Punkte

 

 2000 Domaine Pierre André   Châteauneuf-du-Pape

Diese Domaine unter der Leitung von Jacqueline André steht überhaupt nicht auf der Liste Châteauneuf-Auguren. Parker hat mal ein paar Jahrgänge gut bewertet, das war´s aber auch schon. Das Weingut war einer der ersten Bio-Betriebe der Region, heute gibt´s viele, die nachgezogen haben.

Der 2000er schlummerte ein paar Jahre in meinem Keller, ohne dass ich große Lust verspürte, ihn zu entkorken. Da liegen leider viele Flaschen in direkter  Nachbarschaft, die auf den ersten Blick mehr Glamour ausstrahlen. So kann man sich aber täuschen!

Nach einem anstrengenden Tag auf der Prowein schickte ich meinen Sohn in den Keller, um nach der ganzen Verkosterei einen richtigen Schluck zum Abendessen zu haben. Brav dem Auftrag des Vaters folgend, wurde die Flasche dekantiert und in meinen Lieblingsgläsern von René Gabriel serviert.

In diesen wirklich guten Gläsern, aus denen ich seit geraumer Zeit alle Weine trinke und verkoste, stand ein extrem dunkler Roter mit einem spektakulären Duft nach Schwarzkirsche, Cassis, Waldbeeren, Graphit, Malz, Balsamico und Provencekräutern. Süß und konzentriert, mit viel Schmackes am Gaumen, auch frisch und lebendig, mit Unterholznoten und einem Hauch Trüffel nebst Champignons. Lang und heftig im Abgang, mit tollem mineralischen Druck und reifen Gerbstoffen. Eine große Überraschung, die gezeigt hat, dass auch Betriebe aus der „zweiten“ Châteauneuf-Reihe zu großen Taten fähig sind. Wer also irgendwo noch ein paar Flaschen dieses Weines findet, sollte beherzt zugreifen. Pierre André ist immer moderat im Preis gewesen, mehr als 30,00 € dürfte die Flasche nicht kosten.

95 Punkte

 

Hinterlasse einen Kommentar